Die Expedition von Napoleon Bonaparte nach Ägypten in den späten 1790er Jahren weckte das Interesse Europas an der ägyptischen Kultur und Geschichte. Dies führte einerseits dazu, dass viele ägyptische Artefakte geraubt und nach Europa gebracht wurden, was das Sammeln und Studieren dieser Artefakte weiter förderte. Andererseits förderte es auch Expeditionen europäischer Wissenschaftler nach Ägypten, bei denen Grabungen und Grabplünderungen weitere Artefakte in die Herrscherhäuser Europas spülten. Diese Begeisterung für ägyptische Kultur zeigte sich auch an den Möbeln des Empire-Stils, der sich um 1800 in ganz Europa durchzusetzen begann. Heute mag unser Geschmacksurteil nur wenig gnädig mit diesen Einrichtugnsgegenständen umgehen, doch sie zeigen, wie tief verankert die Begeisterung für diese ferne, geheimnisvolle und fremde Kultur in den höfischen Kreisen Europas war.
Auch in Turin geht der Kernbestand des Museums auf die Sammelleidenschaft des Königs von Sardinien-Pieomont, Kalr Felix von Savoyen zurück. Dieser kaufte 1824 über 5000 Artefakte für ein Museum in der Hauptstadt seines Königreiches an. Im selben Jahr wurde das Museum gegründet.
Durch spätere Expeditionen und Zukäufe wurden die Bestände erweitert. Das Museo Egizio in Turin beherbergt heute Tausende von Objekten, darunter Skulpturen, Statuen, Papyri, Schmuck, Särge, Mumien und vieles mehr. Diese Artefakte stammen aus verschiedenen Epochen der ägyptischen Geschichte, von der prädynastischen Zeit bis zur Römerzeit. Das Museum ist in mehrere Ausstellungsbereiche unterteilt, die die verschiedenen Aspekte der ägyptischen Kultur und Geschichte beleuchten. Dazu gehören die Pharaonenzeit, das Alte und das Mittlere Königreich, die Amarna-Periode und die Nubische Sammlung. Zu den Höhepunkten des Museums gehören der Schatz von Tanis, die Statuen von Ramses II. und die beeindruckenden Grabbeigaben aus dem Tal der Könige. Die Sammlung von Papyri und Hieroglyphen werden bis heute im Museum und durch internationale Forscherteams untersucht. Gerade jetzt läuft ein Forschungsprojekt der Universität Basel in Kollaboration mit dem Museo Egizio zu Papyrusfragmenten. Bei dieser Studie erhofft man sich einen tieferen Einblick in das Alltagsleben der ägyptische Gesellschaft, die wegen des bestehenden Quellenmangels bislang völlig im Dunkeln liegt.
Die Papyrussammlung hat aber vor allem im Jahr 1824 eine weltgeschichtlich bedeutetnde Rolle gespielt. Kein geringerer als Jean-François Champollion besuchte das Museum. Champollion gelang 1822 das undenkbare: Er entwickelte ein Modell zur Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen. Die Papyrussammlung in Turin war 1824 der erste Bestand, an welcher er sein Modell anwandte. Diese Entdeckung brachte Licht ins Dunkel einer der bis dahin verschlossensten Kulturen der Vergangenheit.
Das Museum hat in den letzten Jahren eine umfangreiche Renovierung und Modernisierung durchlaufen. Die Renovierungsarbeiten begannen im Jahr 2013 und dauerten mehrere Jahre an. Die Wiedereröffnung des Museo Egizio nach den Renovierungsarbeiten erfolgte am 1. April 2015. Während der Renovierung wurde die Ausstellung neu gestaltet, um die Präsentation der ägyptischen Sammlung zu verbessern und den Besuchern ein moderneres und informativeres Erlebnis zu bieten. Es wurden interaktive Elemente und Multimedia-Präsentationen hinzugefügt, um das Verständnis und die Interaktion der Besucher mit den Artefakten zu fördern. Heute gilt das Museo Egizio als führende Institution in der Präsentation ägyptischer Artefakte. Vor allem die innovativen Lichtkonzepte bringen bis heute im wahrsten Sinne Licht ins Dunkel.
Als Champollion 1824 das Museum für seine Forschungen aufsuchte machte er eine Aussage, die bis heute nichts an ihrer Gülitgkeit verloren hat: „Der Weg nach Memphis und Theben führt durch Turin.“
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