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Kojich & Felder Reisen zur Kunst

Von Kalifen und Königen, ein Reisebericht: Cordoba, Granada und Sevilla | November 2024


Nach der Eroberung Spaniens durch die nordafrikanischen Berber im 8. Jahrhundert entwickelte sich Córdoba zum Zentrum der islamischen, aber auch der westlichen Kultur auf der Iberischen Halbinsel. In der berühmten Moschee von Córdoba trafen sich Philosophen, Ärzte und Gelehrte, um arabische und griechische Literatur zu diskutieren und ins Lateinische zu übersetzen. Die Blütezeit des friedlichen und fruchtbaren Zusammenlebens der Kulturen und Religionen endete mit der Rückeroberung Córdobas 1236 und Sevillas 1248 durch Kastilien. Im Jahre 1482 begann schließlich die mehrjährige Eroberung des Königreichs Granada, des letzten muslimischen Territoriums auf der Iberischen Halbinsel. Die Reconquista - die Rückeroberung Spaniens - wurde vollständig und oft brutal durchgeführt.


Auf dieser Reise folgten wir den Spuren der maurischen Kunst und Architektur vor der Reconquista und ihrer späteren Enteignung für die Kirchen und Paläste der neuen Herrscher der spanischen Halbinsel.


Córdoba



Wir reisen ins Herz Andalusiens, in die Altstadt von Córdoba. Hier befindet sich eines der außergewöhnlichsten Kunstwerke aller Zeiten. Es ist die Moschee-Kathedrale von Córdoba, ein universelles Symbol des muslimischen Erbes in Spanien.

In ihrem Inneren befinden sich mehr als 500 Säulen und übereinanderliegende Bögen, die unmögliche Perspektiven bilden. Die Räume sind mit prächtigen Dekorationen, authentischem und filigranem Kunsthandwerk ausgestattet.




Das zentrale Schiff der Moschee führt zu den wichtigsten Teil des muslimischen Tempels - Gebetsnische Mirhab. Drei Kuppeln vor der Qibla-Mauer (Die Qibla-Mauer zeigt die Richtung der Ka'abah an, des kubischen Gebäudes in der heiligen Stadt Mekka) beleuchten den Mihrab. Er wurde im 10. Jahrhundert von Al-Hakam II. erbaut. Die prächtigen Mosaiken, die byzantinische Herrscher dem Emir von Córdoba schenkten, und die arabische Künstler in die Nische und den Kuppel einsetzten zeugen vom regen Wissens- und Kulturaustausch in der Blütezeit Córdobas.



Das Dach über der Maqsura (ein ursprünglich für den islamischen Herrscher abgetrennter Bereich im Betsaal) ist eines der interessantesten architektonischen und dekorativen Merkmale der Großen Moschee von Córdoba. Innerhalb eines achteckigen Schemas mit einem Durchmesser von 6 m verflechten sich acht Bögen mit dünnen vorspringenden Rippen, die eine Kuppel tragen. Diese Bögen folgen dem Prinzip zweier ineinandergreifender Quadrate, die in einem Winkel von 45 Grad zueinander angeordnet sind, demselben Grundriss wie der Felsendom in Jerusalem. Hier scheint die Architektur des arabischen Sakralbaus der französischen Gotik einige Jahrhunderte zu antizipieren.




Nach der Rückeroberung Córdobas durch Ferdinand III. wollte die katholische Kirche ein Zeichen setzen. Eine Kathedrale wurde im Herzen der Moschee errichtet. Die Moslems durften zwar nicht mehr in der Moschee beten, aber sie durften weiterhin ihre Baukunst ausüben und beim Bauwerk mitwirken.

Bei einem Rundgang durch die Moschee-Kathedrale fällt an manchen Stellen der fließende Übergang von der stilistisch schlichten Moschee zu christlicher Ikonographie, kastilischen Wappen und kunstvollen Rippengewölben auf.



Ihr heutiges Aussehen verdankt die Kathedrale dem Architekten Hernan Ruiz I., der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das neue Langhaus und das Querschiff errichten ließ. Er errichtete die Chorwände bis zu den Fenstern und die gotischen Gewölbe an der Südseite. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Hernan Ruiz II. der Jüngere das Projekt. Ihm verdanken wir den Bau der Querschiffwände in voller Höhe und die Strebepfeiler, die das Bauwerk stützen. Beeindruckend ist auch der Chor. Wie groß das Ganze ist, kann man sich am besten vorstellen, wenn man es mit den Maßen des menschlichen Körpers vergleicht. Während unseres Besuchs übte eine Schule den Chorgesang. Die in festliche rote Uniformen gekleideten Schüler wirken im Chorgestühl wie kleine Farbtupfer auf einem riesigen Zeremonientuch.



Als Karl V. 1526 die Baustelle der Kathedrale besichtigte, soll er gesagt haben: „Ich wusste nicht, was es war, denn wenn ich es gewusst hätte, hätte ich es nicht erlaubt. Hätte ich es gewusst, hätte ich nicht erlaubt, dass man Hand an das alte Gebäude legt. Denn ihr baut, was es anderswo schon gibt, und zerstört, was in der Welt einmalig war". Ein Blick in die mächtige Kuppel der Kathedrale lässt die Frage offen: Hatte der Kaiser Recht?


Granada: die Alhambra


Die Alhambra war eine von den Nasridenherrschern des Emirats Granada zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert errichtete, in sich geschlossene und ummauerte Palaststadt. Sie erstreckte sich unregelmäßig um den gesamten Kamm eines Hügels, eines Ausläufers der Sierra Nevada, über der Stadt Granada. Die Anlage war das wichtigste politische und aristokratische Zentrum des islamischen Westens. Man betritt den Palast durch das Tor der Gerechtigkeit. Ein Vollmond begleitet unseren Aufstieg zur Alhambra.



Zur Zeit der Mauren konnte die Festung ein Heer von vierzigtausend Mann beherbergen. Verlässt man die militärische Anlage, taucht man in eine Welt aus 1001 Nacht ein. Statt des Eisens der Waffen erklingt hier Poesie, übersetzt in Architektur.


Charakteristisch für die Alhambra ist die Omnipräsenz des Wassers, das mit seinem leisen Rauschen und seiner spielerischen Oberfläche die intime Welt der Säle des Palastes vorwegnimmt.



Der Saal der Botschafter, Audienzsaal der muslimischen Monarchen, ist einer der faszinierendsten Räume des Palastes. Er trägt noch heute die Spuren seiner einstigen Pracht. Die Wände sind prachtvoll stuckiert und mit maurischem Einfallsreichtum verziert. Wie schön muss es zur Zeit der arabischen Monarchen gewesen sein! Einige wenige Stellen sind noch farbig gefasst und lassen uns etwas von dieser verlorenen Pracht erahnen.



Wie die Farben an den Wänden des Palastes verblasste das gesamte Emirat Ende des 15. Jahrhunderts von der Bühne der Geschichte: Am 2. Januar 1492 kapitulierte der letzte nasridische Herrscher Muhammad XII. und übergab die Stadt an Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragon.


Nach der Eroberung ließen die Katholischen Könige in der Stadt am Fuße der Alhambra eine Marienkathedrale (Santa María de la Encarnación de Granada) errichten. Das imposante Bauwerk ist Zeugnis einer neuen Machtgeschichte. Als die Kirche 1561 fertiggestellt wurde, waren die meisten Araber bereits aus Granada vertrieben und Spanien fest in der Hand der katholischen Kirche. Das Zeitalter der Koexistenz der Kulturen war endgültig vorbei. Der Vollmond scheint auf die Kirche und trotzt der menschlichen Vergänglichkeit


Sevilla



Zum Abschluss der Reise besuchen wir Sevilla, die Hauptstadt Andalusiens. Hier befindet sich der königliche Alcázar. Das Bauwerk zeugt auch von der Freundschaft und dem kulturellen Austausch zwischen dem Emir Yusuf I. (1313-1354) von Granada und Peter I. dem Grausamen (1334-1369), König von Kastilien und León (1350-1369). Der spanische Monarch ließ unter anderem den nach seiner Kuppelform „Media Naranja“ oder „Halborange“ genannten Repräsentationssaal errichten und reich mit Gold und Stuck verzieren. Vorbild war der Thronsaal der Alhambra. Die maurischen Künstler wurden dem katholischen König von Emir Yusuf zur Verfügung gestellt.




Betrachtet man die Dekoration der Säle genauer, erkennt man auch Elemente der Bildsprache der spanischen Könige. Wie in Cordoba handelt es hier eigentlich um eine Enteignung der Kultur.



Die Gärten des königlichen Alkazars gehören zu den großen Palastgärten der spanischen Krone. Vielleicht sind sie sogar die ältesten. Sie stellen die ursprüngliche Form eines eigenen spanischen Stils dar, des Mudéjar-Stils, der Anpassung maurischer Elemente an die christliche Welt. Während der Renaissance nahmen die Gärten zunehmend einen italienischen Charakter an. Nur noch wenige Details, die Wasserbecken und die farbenfrohen Majolikafliesen, erinnern an die maurischen Ursprünge des Gartens.




Zum Abschluss besuchen wir die Kathedrale von Sevilla, die größte gotische Kathedrale der Welt. Interessant ist, dass ihr Grundriss nicht die für diesen Tempeltyp typische Form eines lateinischen Kreuzes hat, sondern quadratisch ist. Der Grund dafür ist, dass die Kathedrale auf der alten Moschee der Stadt errichtet wurde und sich der vorhandenen Struktur anpasste. Der Bau der Kathedrale von Sevilla dauerte mehr als ein Jahrhundert, von 1401 bis 1506.



Jeden Tag dehnen sich die imposante Gewölbe des Gebäudes aufgrund der Temperaturschwankungen um mehrere Zentimeter aus. Morgens heben sich die Gewölbe durch die Wärme, abends senken sie sich wie beim Atmen. Diese „Flexibilität“ ist ein Vorteil, der die Sicherheit der Kathedrale erhöht, da ihre Architektur im Falle eines Erdbebens einen gewissen Spielraum lässt.



Sevilla verdankt seinen Reichtum dem Handel mit den spanischen Kolonien. Im selben Jahr, in dem Isabella und Ferdinand Granada eroberten, segelte Christoph Kolumbus auf der Suche nach dem Weg nach Westen nach Indien und entdeckte Amerika. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich in dieser Kathedrale ein imposantes Grabmal zu Ehren des Admirals befindet. Das Grabmal wird von vier allegorischen Figuren getragen, die die vier ehemaligen Königreiche Spaniens repräsentieren: Kastilien, Leon, Navarra und Aragon. Der Grabträger aus Kastilien hält in seiner rechten Hand ein Schiffsruder.


 


Rund um die riesige Kathedrale lebt Sevilla in kleinen Läden, Placas und Calles. Wir verlassen die Kathedrale und eilen durch eine Calle zum wohlverdienten Mittagessen.

Leider haben wir keine Zeit, den Balkon von Rosina, der schönen Sevillanerin aus Rossinis Il Barbiere di Sevilla, zu besuchen. Das machen wir ein anderes Mal.




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